
Foto: Sebastian Schramm Literaturhaus Frankfurt
„Wäre doch blöd, der wäre jetzt in Offenbach“
Hauke Hückstädt
Ob beruflich oder privat − für viele Menschen gehören Flugreisen einfach dazu. Wir haben Persönlichkeiten aus der Region über das Fliegen und den Flughafen gefragt. Hier antwortet Hauke Hückstädt, Autor, Literaturkritiker und seit 2010 Leiter des Literaturhauses Frankfurt am Main:
Herr Hückstädt, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Flug?
Ich erinnere den Anlass, die Stimmung, meine Neugier. Und ich glaube, es war mir auch peinlich. Weil ich schon 28 war und mir wie ein Anfänger vorkam neben meiner abgebrühten Freundin. Allerdings konnte ich immer einen veritablen 2-Stunden-Helikopterflug im Alter von 14 vorweisen.
Wohin sind Sie von Frankfurt aus das letzte Mal geflogen und warum?
Nach Bordeaux. Mit einem sehr guten Freund. Ein Männerwochenende an der Silberküste, hinter den Atlantikdünen, mit gutem Essen, Immobilienbummel, Spätsommerbrise, Wein.
Ihr Lieblingsort auf der Welt, den Sie schon gesehen haben?
Sicher auch der Pic d‘ Anie in den französischen Pyrenäen, unweit von Lescun. Den würde ich gerne noch einmal besteigen.
Ihr Lieblingsziel, an dem Sie noch nie gewesen sind?
Dukla. Ein unscheinbarer Ort nahe den Karpaten. Der polnische Autor Andrzej Stasiuk hat ein Buch über diesen Ort geschrieben („Die Welt hinter Dukla“, Suhrkamp Verlag), das zum Niederknien schön ist. Eine Religion aus Worten, Licht, Metaphysik, Erleuchtung, Auslöschung und Blendung. Eigentlich sollte das Buch unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.
Was mögen Sie am Frankfurter Flughafen besonders?
Zum Glück des Städters braucht es nicht viel: eine Metro, Tageszeitungen, einen Fluss, eine Markthalle, Kaffeehäuser, mindestens eine Radiostation, einen Kopfbahnhof und einen ausgewachsenen Flughafen. Ich schätze am Flughafen vor allem das Paradox, dass dort so viele Menschen sind, die aber doch erstaunlich leise sein können. Ich mag die historisch aufgeladene Startbahn-West, deren Umgebungsgelände prima ist zum Langlauftraining.
Was mögen Sie am Airport nicht?
Die Parkplatzsituation. Kurzparken am weitläufigen Flughafen bedeutet doch mindestens 30 – 60 Minuten Wege- und Erledigungszeit. Die Kurzparkzeit reicht für nichts.
Ist der Flughafen Frankfurt für Sie persönlich wichtig, und warum?
Es ist mir schon wichtig, dass es der Frankfurter Flughafen ist. Wäre doch blöd, der wäre jetzt in Offenbach. Es ist mir auch nach neun Jahren in Frankfurt unmöglich, Eintracht-Fan zu werden zuungunsten meines Herzvereins. Aber für unseren Kopfbahnhof, unsere Hochhäuser, unseren Flughafen habe ich einen tragbaren Patriotismus entwickelt.
Mit wem auf dem Flughafen würden Sie gern einmal tauschen?
Mich interessiert alles. Aber warum fragen Sie das, schenken Sie mir einen Cockpitflug?
Wem würden Sie gern einmal begegnen?
Den Helden des Alltags: stille Retter, Katastrophenverhinderer, Trostspender.
Welche drei Gegenstände nehmen Sie immer mit in den Flieger?
Im Herzen, drei Menschen aus meinem Leben.
Wenn sich einer mit Worten und Sprache auskennt, ist es Hauke Hückstädt – er schrieb Literaturkritiken für den Hörfunk und viele verschiedene Zeitungen, veröffentlichte Gedichte, Übersetzungen, Aufsätze, Porträts und Reden. Zuletzt erschien „95 Anschläge – Thesen für die Zukunft“ (S. Fischer Verlag). Seit 2010 ist er Leiter des Literaturhauses Frankfurt am Main, das jährlich rund 100 literarische Veranstaltungen organisiert und auf eine lange Reihe von Veranstaltungen und Ausstellungen mit national und international bekannten Gästen zurückschauen kann. Darunter die turnusgemäßen Abschlusslesungen der Frankfurter Poetik-Vorlesungen, die jährliche Präsentation der Finalisten des Deutschen Buchpreises sowie ein Programm für Kinder und Jugendliche. Etwa 17.000 Besucher zählt das Literaturhaus im Jahr und ist als Größe im Frankfurter Kulturleben etabliert. Mehr Informationen unter https://literaturhaus-frankfurt.de/